Standpunkte

Licht am Horizont

Christine Bulliard-Marbach
Nationalrätin, Mitglied Politikteam FUTURE

Es kommt Bewegung in das Europadossier: Am 8. November gab der Bundesrat bekannt, dass er bis Ende Jahr ein Mandat für Verhandlungen mit der Europäischen Union (EU) erarbeiten will. Zum Jahresbeginn 2024 könnte er dazu die Aussenpolitischen Kommissionen des Parlaments und die Kantone konsultieren und schon im Frühling an den Verhandlungstisch mit der EU zurückkehren.

Der in den Sondierungsgesprächen diskutierte Paketansatz zur Weiterentwicklung der bilateralen Beziehungen umfasst unter anderem auch die künftige Assoziierung der Schweiz an den EU-Programmen für Forschung und Innovation (Horizon Europe). Dies ist dem Insistieren des Bundesrates und des Parlaments ebenso wie dem Wohlwollen der EU-Kommission zu verdanken. Für die Organisationen aus dem Bereich Bildung, Forschung und Innovation (BFI-Bereich) gibt es damit wieder Licht am Horizont. 

Seit dem Abbruch der Verhandlungen über ein institutionelles Rahmenabkommen im Jahr 2021 sind Forschende aus der Schweiz von den europäischen Rahmenprogrammen ausgeschlossen. Als Folge daraus verschlechtert sich die Positionierung unserer Hochschulen und Institutionen der Forschung und Innovation im internationalen Wettbewerb schleichend. Deshalb muss die Schweiz so schnell wie möglich wieder eine volle Assoziierung an Horizon Europe erreichen. 

In den Verhandlungen mit der EU darf die Forschung aber nicht zum Spielball der Politik werden. Die Diskussionen über die Beteiligung an Horizon Europe müssen möglichst unabhängig von den Gesprächen über die bilateralen Verträge erfolgen.
 
 
 

Negative Zeitenwende verhindern

Maya Graf
Ständerätin, Mitglied Politikteam FUTURE

Die laufende Legislaturperiode neigt sich dem Ende zu. Die Arbeit unseres Parlaments war in den Jahren 2019-2023 von einschneidenden Krisen geprägt: Bewältigung der Corona- Pandemie, Angriffskrieg auf die Ukraine, unsichere Energieversorgung, Herausforderungen aufgrund der Klimakrise und letztlich auch noch die CS-Notfusion mit der UBS.

Ebenfalls in dieser Legislatur – sozusagen im Schatten all
dieser Krisen – wurde der Bildungs-, Forschungs- und Innovationsplatz
Schweiz durch den Aussschluss aus den Europäischen
Rahmenprogrammen durchgerüttelt. Anders als bei
einer Pandemie oder einer Energieknappheit sind die Konsequenzen
nicht von heute auf morgen zu sehen. Seit 2021 sind
die betroffenen BFI-Organisationen jedoch im Krisenmodus,
um im internationalen Wettbewerb nicht abgehängt zu
werden.
 
Hinzu kommen nun die Sparpläne des Bundesrates, wonach
auch im BFI-Bereich im Jahr 2024 rund 2% der ursprünglich
geplanten Mittel eingespart werden sollen. Somit würde auch
die Finanzierung in der nächsten BFI-Periode 2025-2028 auf
einem niedrigeren Niveau beruhen. Das ist kurzsichtig und
unverständlich angesichts der Herausforderungen.
 
Wir wollen eine baldige Assoziierung der Schweiz an
«Horizon Europe», doch sind uns derzeit die Hände gebunden.
Umso wichtiger ist es, dass das (neu gewählte) Parlament
bei der Beratung des Voranschlags 2024 und der
BFI-Botschaft seine Verantwortung wahrnimmt und ausreichend
Mittel in unseren BFI-Standort investiert. Nur so
kann in der nächsten Legislatur eine negative Zeitenwende
im BFI-Bereich verhindert werden.
 

Beim BFI-Bereich wurde bereits gespart

Ursula Schneider Schüttel
Nationalrätin, Mitglied Politikteam FUTURE

Der Bundesrat sieht sich zu Sparmassnahmen gezwungen. Im Jahr 2024 plant er Kürzungen von 2 Prozent bei den schwach gebundenen Ausgaben, zu denen auch der BFI-Bereich zählt. Dabei scheint vergessen zu gehen, dass bei der Forschung und Innovation bereits massiv gespart werden konnte.

In den letzten zwei Jahren wurden bereits über eine Milliarde Franken nicht ausgegeben, die für die Forschungs- und Innovationsförderung vorgesehen waren. Aufgrund des Ausschlusses bei «Horizon Europe» entstanden im Jahr 2021 Kreditreste von 665 Millionen Franken; 2022 waren es rund 536 Millionen Franken. Diese Mittel sind Teil eines Verpflichtungskredits, den das Parlament zugunsten des Forschungs- und Innovationsstandorts Schweiz gesprochen hatte. De facto trugen diese nicht investierten Mittel zur Sanierung des Bundeshaushalts bei. 

Die Nicht-Assoziierung an den EU-Programmen schadet dem Schweizer Wissensplatz nachhaltig. Die dadurch entstehenden Einbussen bezüglich Netzwerke und Reputation sollten auf nationaler Ebene abgefedert werden. Die Organisationen der Forschungs- und Innovationsförderung verfügen über bewährte Instrumente, um die Wettbewerbsfähigkeit zu stützen. Auch die Attraktivität unserer Hochschulen ist am Erblassen und für den ETH-Bereich ist es schwierig, die Führungsrolle in zentralen Forschungsgebieten zu behalten. Die Landesregierung scheint sich dieser Lage nicht bewusst zu sein und plant ab 2024 zusätzliche Einsparungen.

Diese Kürzungen sind weder verhältnismässig noch zukunftsorientiert. 

Budget 2024: Bildung, Forschung und Innovation werden doppelt bestraft

Michel Matter
Nationalrat, Mitglied Politikteam FUTURE

Der Bundesrat informierte über seinen Plan, wie er den Bundeshaushalt ab dem Budget 2024 im Lot halten will. Der Bereich Bildung, Forschung und Innovation (BFI) soll gleich doppelt bestraft werden.

Zum einen verzichtet die Landesregierung ab 2024 darauf, die Beteiligung der Schweiz am Rahmenprogramm «Horizon Europe» zu budgetieren. Damit plant sie Einsparungen von bis zu 600 Mio. Franken pro Jahr. Im Halbjahrestakt hatte die Regierung Ihren Willen für eine Assoziierung bekundet – nun gibt sie sich geschlagen. Der Forschungs- und Innovationsplatz Schweiz wird aus der Programmgeneration Horizon Europe ausgeschlossen und verliert so während sieben Jahren Projekte, Netzwerke und Einfluss. Die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und Hochschulen wird geschwächt.

Der Bundesrat fügt dem noch eine zweite Belastung hinzu: Er kündigt für 2024 Kürzungen in der Höhe von 2% an. Die Hochschulen müssen mit weniger Bundesmitteln planen, obwohl die Studierendenzahlen stärker wachsen als ursprünglich vorgesehen (siehe S. 3). Die Kürzungen bedeuten auch, dass die Organisationen der Forschungs- und Innovationsförderung im Jahr 2024 weniger Projekte finanzieren können. Dabei sollten sie doch die durch den Ausschluss aus Horizon Europe verursachten Verluste abfedern.

Der BFI-Bereich hat mit dem Budget 2024 viel zu verlieren. Das Jahr dient nämlich als Basis für die Finanzierung der Periode 2025-2028. Das Parlament wird handeln müssen, damit die Schweiz nicht an Attraktivität sowie Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit verliert.